Nach zwar langer (16 Stunden!) aber problemloser Anreise nach Manila mit insgesamt über 30 Kg Gepäck, woran auch einige im Projekt dringend benötigte Arzneimittel einen Anteil haben, sind die ersten Herausforderungen zu meistern: Erwerb von Zahlungsmitteln und Telefonkarte. In meinem deutschen Alltag „Vertragskunde“, ist nun ein Netzanbieter auszuwählen und eine Prepaid-Telefonkarte zu erwerben. Mit ungewohnter Selbstverständlichkeit erhalte ich technische Unterstützung vom Verkäufer und bin innerhalb von weniger als zwei Minuten noch vor Verlassen des Flughafens wieder vernetzt.
Das Umrechnungsverhältnis von € zu PHP (philippinische Peso) beträgt ca. 1:50, was das Kopfrechnen in der schwülwarmen Umgebungstemperatur sehr erleichtert.
Mein erstes Telefonat gilt meinen Eltern, die meine gute Ankunft erleichtert vernehmen. Das zweite ruft den kostenfreien pickup – Service meines Quartiers für eine Nacht auf den Plan, bevor es am folgenden Tag vom selben Flughafen aus nach Cagayan de Oro, meinem Projektstandort, weiter gehen soll.
Mein Fahrer, geschätzten Alters von über 70, überrascht mich gleich nach Verladung meines Reisegepäcks mit der Frage, ob ich denn verheiratet sei. Sein vielleicht fünfjährigen Begleiter, der während der Fahrt munter durch den Transporter turnt, entpuppt sich später als sein Sohn und nicht wie vermutet als sein Enkel…
In einem fensterlosen, aber sauberen Zimmerchen schlafe ich trotz des Lärms der Klimaanlage sehr gut und überstehe am nächsten Morgen nach dem Flughafentransfer auch den versuchten Küsschen-Abschied des flotten, fast zahnlosen alten Herrn unbeschadet.
Die knapp zweistündige Weiterreise nach Cagayan de Oro vergeht sprichwörtlich wie im Fluge, und da ich mir bereits meine „Dienstkleidung“ in Form unseres weißen T-Shirts mit dem grünen „Apotheker ohne Grenzen“ (AoG) – Logo angezogen habe, bin ich für meinen Abholer schnell zu identifizieren. Thomas ist seit wenigen Wochen der verantwortliche Mediziner im German Doctors Projekt auf Mindanao, und ich stelle etwas erleichtert fest, dass ich mich zunächst nicht gegen weitere Avancen heiratswilliger Philippinos zu wappnen habe…
Während meines ersten Philippinen-Einsatzes nach dem Taifun 2013, der bei den Einheimischen nicht „Haiyan“ sondern „Yolanda“ genannt wird, waren noch viele Straßen blockiert, Benzin und Diesel eine „Goldwährung“. Jetzt beeindruckt mich der völlig ungeregelt und chaotisch fließende (was eine glatte Übertreibung darstellt…) Verkehr vor allem deshalb, weil es in Deutschland zumindest an jeder Kreuzung längst gekracht hätte. Hier wird gehupt und losgefahren und man verlässt sich darauf, dass der Hintermann schon bremsen wird. Überholt wird rechts und links, wo sich gerade eine Chance auftut. Oft gibt es keine Gehwege, so dass auch die vielen Fußgänger jede sich bietende Lücke nutzen, um zwischen der hupenden und sich langsam dahin wälzenden bunten Blechlawine vorwärts zu kommen. Gegen 15 Uhr Ortszeit (in Deutschland ist es gerade morgens um 9 Uhr) stelle ich mein Gepäck im „Doctors House“ ab und lasse mir von Thomas den ca. 10 minütigen Fußweg zu meinem Arbeitsplatz für die kommenden 3 Monate zeigen.
Maria, meine deutsche AoG-Kollegin, seit insgesamt fast 6 Monaten hier und die einheimischen Mitarbeiterinnen der Projekt-Apotheke begrüßen mich mit herzlichen Worten auf Englisch. Wie in allen Einsatzländern muss ich mich zunächst etwas an die ungewohnte englische Aussprache gewöhnen und mich „einhören“, aber ich fühle mich sofort wohl und gut aufgenommen.
Zurück im „Doctors House“ treffe ich auf weitere deutsche Projekt-Ärzte und höre bei einem leckeren Abendessen gespannt den Berichten aus den unterschiedlichen Arbeitsorten zu. Von einigen werde ich sicherlich in den nächsten Wochen berichten.
Ihre Apothekerin ohne Grenzen
Petra Isenhuth